Bei Krebspatienten, die sich einer Schädelbestrahlung unterziehen, besteht das Risiko, neurokognitive Beeinträchtigungen zu entwickeln. Jüngste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass strahlenbedingte Schäden am Hippocampi eine wichtige Rolle bei diesem kognitiven Verfall spielen könnten. Als Hilfsmittel zur Untersuchung der Mechanismen des Hippocampus-abhängigen kognitiven Abbaus haben wir ein Mausmodell entwickelt, das die Ergebnisse der kürzlich durchgeführten klinischen RTOG 0933-Studie zur Hippocampus-schonenden Bestrahlung des gesamten Gehirns reproduziert. Wir bestrahlten 16 Wochen alte weibliche C57BL/6J-Mäuse mit einer Einzeldosis von 10 Gy, entweder mittels Ganzhirnbestrahlung (WBRT) oder Hippocampus-schonender Bestrahlung (HSI). Diese Tiere sowie scheinbestrahlte Kontrolltiere wurden Verhaltens-/kognitiven Beurteilungen unterzogen, bei denen zwischen Hippocampus-abhängigen und Hippocampus-unabhängigen Funktionen unterschieden wurde. Die Bestrahlung wurde von allen Tieren gut vertragen und es wurde nur ein begrenzter Zelltod proliferierender Zellen innerhalb der generativen Zonen festgestellt. Tiere, die WBRT ausgesetzt waren, zeigten im Vergleich zu scheinbestrahlten Kontrollen erhebliche Defizite bei der Hippocampus-abhängigen Verhaltensaufgabe. Im Gegensatz dazu unterschied sich die Leistung von HSI-Mäusen nicht wesentlich von scheinbestrahlten Mäusen (Kontrollgruppe) und schnitt im Vergleich zu WBRT-Mäusen deutlich besser ab. Dies steht im Einklang mit den Ergebnissen der klinischen Studie RTOG 0933, und daher könnte sich dieses Tiermodell als hilfreiches Instrument für die Erforschung neuer Strategien zur Linderung des kognitiven Rückgangs bei Krebspatienten erweisen, die eine Schädelbestrahlung erhalten.
Wolfgang A. Tomé, Şölen Gökhan, N. Patrik Brodin, Maria E. Gulinello, John Heard, Mark F. Mehler und Chandan Guha